Läuft ein Erbbaurecht immer 99 Jahre?

Erbbaurechte können eine Stellschraube sein, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Deshalb rücken sie aktuell wieder verstärkt in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Viele Menschen glauben, dass die Verträge hierfür immer 99 Jahre laufen müssen. Aber ist das wirklich so? – Der Deutsche Erbbaurechtsverband e. V. erklärt, was es mit der langen Laufzeit auf sich hat.

Das deutsche Erbbaurechtsgesetz besteht schon seit 1919. Darin ist aber über die Länge der Laufzeit nichts festgelegt. Das bedeutet: Grundsätzlich sind der Grundstückseigentümer und der Erbbaurechtsnehmer frei in der Gestaltung. Häufig werden die Verträge tatsächlich für einen Zeitraum von 70, 80 oder 99 Jahren geschlossen. Der Hintergrund hierfür ist: Ein Erbbaurechtsnehmer erwirbt kein Grundstück, sondern lediglich das Recht, auf einem bestimmten Grundstück sein eigenes Haus zu kaufen oder zu bauen. Für dieses Recht bezahlt er einen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer. Da ein Haus eine langfristige Investition darstellt, ist eine lange Laufzeit notwendig, um einen Anreiz für den Erbbaurechtsnehmer zu schaffen. „Es lohnt sich wirtschaftlich nicht, ein Haus auf einem Grundstück zu bauen, das nach wenigen Jahren an den Eigentümer zurückfällt“, erklärt Dr. Matthias Nagel, der Geschäftsführer des Deutschen Erbbaurechtsverbands.

Ewige Erbbaurechte

Möglich sind sogar ewige Erbbaurechte. Diese werden zum Beispiel vergeben, wenn der Eigentümer das Grundstück aus historischen Gründen nicht verkaufen darf oder nicht verkaufen möchte, er aber andererseits kein Interesse an einer neuen Nutzung hat. Stiftungen oder Kirchen beispielsweise vergeben solche ewigen Erbbaurechte in sehr seltenen Fällen.

Andererseits können auch kurze Laufzeiten mitunter sinnvoll sein. „Bei Gewerbeimmobilien sind Erbbaurechtsverträge, die für 30 Jahre geschlossen werden, keine Seltenheit“, weiß Matthias Nagel. „Dadurch erhält sich der Erbbaurechtsnehmer eine größere Flexibilität. Er hat dann üblicherweise Verlängerungsoptionen und kann nach Ablauf des Vertrags entscheiden, ob die Immobilie noch zur Geschäftsentwicklung passt.“ Auch für Grundstückseigentümer, die ihr Grundstück perspektivisch verkaufen möchten, sind kürzere Laufzeiten sinnvoll. Dies wirkt sich dann für den Erbbaurechtsnehmer meist in günstigeren Konditionen aus.

„Dass Erbbaurechte immer für 99 Jahre geschlossen werden, ist ein Irrglaube“, resümiert Matthias Nagel. „Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass die Verträge zwar überwiegend über viele Jahrzehnte laufen, aber gesetzlich vorgeschrieben ist das nicht.“ Erbbaurechtsnehmern, die einen bestehenden Vertrag verlängern möchten, rät der Deutsche Erbbaurechtsverband zu frühzeitigen Verhandlungen mit dem Erbbaurechtsgeber. Auch dieser hat in den meisten Fällen ein Interesse an der Verlängerung, um langfristig planen zu können.

www.erbbaurechtsverband.de

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