Stefan Meusel: „Erbbaurecht und Banken – keine echte Traumbeziehung“

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Das Erbbaurecht kann eine attraktive Alternative zum Grundstückskauf sein. Die Banken sind beim Erbbaurecht allerdings vorsichtig. Stefan Meusel Rechtsanwalt und Notar bei ZENK Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Berlin und Mitherausgeber der ErbbauZ erklärt, welche Fallstricke es gibt

ErbbauZ: Herr Meusel, die Finanzierung von Erbbaurechten scheint für Banken eine große Herausforderung zu sein. Wieso ist das so?

Meusel: Die größte Herausforderung besteht zunächst darin, dass es sich bei der Finanzierung von Erbbaurechten um einen Sonderfall handelt, der seltener vorkommt als die Finanzierung des Erwerbs von Volleigentum. Daher kommen leicht abgewandelte Mechanismen zur Anwendung, die bei verschiedenen Instituten unterschiedlich gut vorbereitet und in der Kreditsachbearbeitung nicht immer gut bekannt sind. Dazu kommt, dass Erbbaurechte in ihrer Ausgestaltung vielfältiger sind als das gesetzlich genormte Volleigentum, sodass die Bewertung eines Erbbaurechts innerhalb einer größeren Spannweite erfolgt. Dafür braucht es kompetente Verhandlungspartner – auf beiden Seiten!

ErbbauZ: Banken haben ja oft ein Problem mit den Zustimmungsvorbehalten zugunsten des Erbbaurechtsgebers. Zu Recht?

Meusel: Zustimmungsvorbehalte sind üblich und für den Erbbaurechtsgeber auch sinnvoll, um die Kontrolle über die Nutzung des Grundstücks und die Beleihung zu ermöglichen. Sie bedeuten aber immer auch einen zusätzlichen Schritt im (Finanzierungs-)Prozess. Bei der Bestellung eines Grundpfandrechts ist es daher sinnvoll, diese Schritte vorzubereiten und die wechselseitigen Interessen zu kennen. Dies gilt auch für den Erbbaurechtsgeber, der schon bei der Ausgestaltung des Erbbaurechtsertrags darauf achten sollte, den Erbbaurechtsvertrag nicht zu streng auszugestalten, damit der Erbbaurechtsnehmer überhaupt finanzieren kann. Das wird umso schwerer, je größer die Abschläge sind, die der Erbbaurechtsnehmer bei der Ermittlung des Beleihungswerts aufgrund zu eng ausgestalteter Bedingungen hinnehmen muss.

ErbbauZ: Gerade bei der Absicherung der Finanzierung laufen die Interessen zuwider, wie Peter Freckmann in seinem Beitrag in dieser Ausgabe verdeutlicht. Gibt es hier praktikable Lösungen?

Meusel: Eine Reihe von Bedingungen, die der Erbbaurechtsvertrag enthalten muss, sind in der Praxis sehr hilfreich. Dazu gehören die Zustimmungsfreiheit der Veräußerung bei der Zwangsversteigerung bzw. eine genau definierte Zustimmungspflicht, die in der Regel an die Übernahme der schuldrechtlichen Verpflichtungen – vor allem die Zahlung des Erbbauzinses – geknüpft sein wird. Außerdem sind der Rang des Finanzierungsgrundpfandrechts, der versteigerungsdfeste Erbbauzins und die Entschädigung bei Zeitablauf von maßgelblicher Bedeutung.

ErbbauZ: Und welche Rolle spielt die Kommunikation mit den Banken?

Meusel: Das ist beim Erbbaurecht nicht anders als bei „normalen“ Finanzierungen: Eine größtmögliche Transparenz und ein Austausch unter Einbindung qualifizierter Verhandlungsführer auf beiden Seiten ist stets hilfreich. Wenn man, vor allem bei der Neubestellung eines Erbbaurechts, die Möglichkeit hat, den Erbbaurechtsvertrag selbst zu beeinflussen, d.h. den Erbbaurechtsvertrag und die Finanzierung parallel zu verhandeln und ggf. sogar die Bank und den Grundstückeigentümer in Austausch treten zu lassen, um die Grenzen der jeweiligen Gestaltungsspielräume aufzuzeigen, dann sollte man diese Möglichkeit auch nutzen.

ErbbauZ: Welchen Tipp haben Sie, um auf Bankgespräche gut vorbereitet zu sein und diese erfolgreich zu führen?

Meusel: Eine gute Vorbereitung und ein durchgehendes Verständnis der Besonderheiten des Erbbaurechtsvertrags sind unabdingbar. Das gilt auch für die Bank, d.h. wenn der Eindruck entsteht, dass die Bank das Erbbaurecht wie ein normales Grundstück behandelt, ist Vorsicht geboten. Die Auswahl einer kompetenten Bank, die einschlägige Erfahrungen mit der Finanzierung von Erbbaurechten hat, ist dabei ein erster wichtiger Schritt. Außerdem ist es stets hilfreich, verschiedene Varianten der rechtlichen Ausgestaltung kommerziell „durchzuspielen“, um die Auswirkungen besser zu verstehen. Dafür ist häufig die Einbindung externer Kompetenz sinnvoll.

ErbbauZ: Vielen Dank für das Interview!

Stefan Meusel ist Rechtsanwalt und Notar bei ZENK Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB in Berlin und Mitherausgeber der ErbbauZ.

Erschienen in: ErbbauZ 2021/4

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