Freiburg plant variable Erbbauzinsen für Mehrfamilienhäuser

Pixabay_Couleur_freiburg-gf158fbe07_1920

Die Stadtverwaltung Freiburg hat neue Grundsätze für die Vergabe von Erbbaurechten im Geschosswohnungsbau vorgelegt: Hier soll der Erbbauzins von vier auf zwei Prozent sinken. Für den Neubau gilt das aber nur, wenn mindestens 50 Prozent geförderter Wohnraum entstehen. Auch für Wohnungserbbaurechte sind variable Zinsen geplant.

Um städtische Vermögenswerte zu erhalten und der Bodenspekulation entgegenzuwirken, hat der Gemeinderat der Stadt Frankfurt schon 2018 den Verkaufsstopp für städtische Erbbaurechtsgrundstücke im Wohnbau beschlossen. Auch sonstige städtische Flächen sollen vorrangig nur noch im Erbbaurecht vergeben werden. Davon ausgenommen sind gewerbliche Flächen. Mit dem Beschluss wurde die Verwaltung auch beauftragt, die Grundsätze der Erbbaurechtsverwaltung neu zu erarbeiten. Im Juli 2020 wurden solche Grundsätze bereits für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie zuvor auch bereits ein familienfreundliches Sonderprogramm für das Baugebiet „Alter Sportplatz Ebnet“ vorgestellt. Jetzt wurden die neuen Regeln für den Geschosswohnungsbau präsentiert, die der Gemeinderat am 05.04.2022 beraten soll.

Damit im Geschosswohnungsbau im Erbbaurecht bezahlbarer Wohnraum entstehen kann, wurde eine Systematik entwickelt, die schwerpunktmäßig langfristig günstige Mieten, aber auch Eigentum für Familien im Fokus hat. Für den Geschosswohnungsbau auf Erbbaugrundstücken hat die Stadt sechs Fallkonstellationen definiert, für die jeweils eigene Varianten angedacht sind. Bezugsgröße ist in allen Fällen der Bodenrichtwert. Ein Überblick:

In diesem Bereich wird der Erbbauzins von bislang vier auf zwei Prozent gesenkt. Bei Neubauten müssen aber die baulandpolitischen Grundsätze der Stadt Freiburg eingehalten werden. Das bedeutet, dass mindestens 50 Prozent geförderter Wohnraum entstehen müssen. Für diese Fläche des geförderten Wohnraums gilt ein reduzierter Erbbauzins von 1,5 Prozent. Entstehen mehr vergünstigte Wohnungen oder wird der Mietpreis weiter gesenkt oder die Mietpreisbindung verlängert, vergrößert sich die Absenkung des Erbbauzinses. Mindestens wird aber ein Prozent verlangt.

Der günstigere Zins zählt allerdings nur für den Anteil der Fläche, auf der die vergünstigten Wohnungen entstehen. Ein Beispiel: Wird ein Haus mit zehn Wohnungen gebaut und fünf davon werden vergünstigt angeboten – dann gilt der Rabatt auf den Erbbauzins für die fünf vergünstigten Wohnungen. Und zwar so lange, wie dort eine reduzierte Miete besteht.

Hier wird ein Erbbauzins von drei Prozent festgelegt. Entsteht ein Neubau mit Eigentumswohnungen auf einem Erbbaugrundstück der Stadt, dann gelten im Grundsatz die Regeln, die auch im Bereich von Ein- und Zweifamilienhäusern greifen. Es ist ein Familienbonus vorgesehen. Das heißt, wenn Familien innerhalb bestimmter Einkommensgrenzen liegen (festgelegt im Wohnraumförderungsgesetz des Landes), ist eine Absenkung um 0,5 Prozent pro kindergeldberechtigtem Kind im Haushalt vorgesehen, bis zu einem Mindestzinssatz von 1 Prozent. Die Reduzierung gilt auch für pflegebedürftige Personen und Menschen mit Schwerbehinderung.

Damit der Erbbauzins nicht zu hoch steigt, wenn Begründung für die Abschläge entfällt, wird der Erbbauzins nach Wegfall des Abschlags auf 2,75 Prozent begrenzt.

Hier soll künftig im Grundsatz ein Erbbauzins von zwei Prozent gelten. Die Stadt verwaltet derzeit rund 170 Erbbaurechte für Häuser mit Mietwohnungen, davon laufen in den nächsten zehn Jahren rund 39 aus. Wohnungspolitisches Ziel ist es, bezahlbare Mieten auch nach der Vertragsverlängerung beizubehalten, Luxussanierungen auszuschließen Mietwohnungen als solche zu erhalten.

Um den Erbbauzins weiter zu senken, besteht die Möglichkeit eine Mietpreisbindung anzubieten, der Stadt Belegungsrechte einzuräumen oder sich zu verpflichten, das Objekt dauerhaft im Bestand zu halten. Maßgeblich ist die Attraktivität des Gesamtangebotes.

Bei der Verlängerung von Verträgen kann zudem die Laufzeit gewählt werden (25, 50 oder 75 Jahre). Bei kürzeren Laufzeiten wird ein geringerer Bodenwert angesetzt.

Die Stadt Freiburg verwaltet rund 530 Wohnungserbbaurechte im Bestand. Erste Verlängerungen stehen in rund 40 Jahren an. Hier gilt zukünftig ein Erbbauzins von 3 Prozent. Sollte sich die Eigentümergemeinschaft gemeinsam dazu entscheiden, den Erbbaurechtsvertrag zu verlängern, können die einzelnen Parteien einen günstigeren Erbbauzins angeboten bekommen, wenn entsprechende Kriterien vorliegen – siehe oben: Neubau Haus mit Eigentumswohnungen.

Zudem können auch hier bei Vertragsverlängerungen unterschiedliche Laufzeigen gewählt werden (25, 50 oder 75 Jahre), hier ebenfalls einhergehend mit einer Absenkung der Bodenrichtwerte als Bemessungsgrundlage.

Wenn ein Haus mit Mietwohnungen auf einem Erbbaugrundstück innerhalb der engeren Familie weitergegeben wird, bleiben die bisherigen Konditionen bestehen. Wird das Gebäude an einen Dritten abgegeben, werden die Konditionen angepasst und mit dem Käufer des Erbbaurechts neu verhandelt. Hier gilt der Katalog an Maßnahmen aus dem Punkt „Verlängerung Erbbaurecht für Häuser mit Mietwohnungen“.

Wird eine einzelne Wohnung verkauft, verhandelt die Stadt über neue Konditionen. Dabei gilt ein Erbbauzins von 3 Prozent. Zusätzlich wird 1 Prozent Ermäßigung auf den Bodenrichtwert pro abgelaufenem Vertragsjahr der Vorbesitzenden angerechnet. Außerdem gelten die möglichen Vergünstigungen aus dem Punkt “Neubau eines Hauses mit Eigentumswohnungen”, also insbesondere die Abschläge für im Haushalt lebende kindergeldberechtigte Kinder, pflegebedürftige und schwerbehinderte Menschen.

Eine attraktive Komponente bietet das neue Modell mit der Option, den Erbbauzins bei Vertragsabschluss einmalig abzulösen. Das heißt: Entscheidet sich der Erbbaurechtsnehmer nicht für eine regelmäßige Erbbauzinszahlung, besteht die Möglichkeit, zu Beginn einen errechneten Betrag aus dem Wert des diskontierten Erbbauzinses über die Laufzeit des Erbbaurechts, maximal 100 Prozent des Grundstückswertes, in Form einer einmaligen Zahlung abzulösen. Für die Erbbauberechtigten wird die Nutzung des Erbbaurechts damit deutlich attraktiver. Neben einer alternativen Finanzierungsmöglichkeit erhalten die Erbbauberechtigten langfristige Planungs- und Kalkulationssicherheit, da keine laufenden Erbbauzinsen in der Vertragslaufzeit anfallen. Das Modell greift ebenfalls die Absenkung des Erbbauzinses bei günstigen Mieten auf. Auch bei der Ablöse soll damit bezahlbares Wohnen im Erbbaurecht begünstigt werden.

„Unser Ziel ist eine nachhaltige und aktive Liegenschafts-, Boden- und Wohnungspolitik. Dabei wollen wir über eine Vertragslaufzeit von bis zu 75 Jahren bezahlbaren Wohnraum schaffen und gleichzeitig die Grundstücke – das Vermögen der Stadt – in der öffentlichen Hand behalten. Wir bieten mit den flexiblen Lösungen der neuen Grundsätze aktiv Anreize an, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und diesen langfristig zu erhalten. Und wir kreieren einen flexiblen Rahmen, der die verschiedenen Lebenslagen und Lebensphasen der Menschen in Freiburg berücksichtigt“, sagt Finanzbürgermeister Stefan Breiter, verantwortlich für das Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen, das die Erbbaurechtsgrundsätze unter Beteiligung des Referats für bezahlbares Wohnen und anderer städtischer Ämter federführend erarbeitet hat.

„Die Möglichkeit gebietsspezifischer und grundstücksspezifischer Regelungen der Erbbaukonditionen in Vermarktungskonzepten geben die Chance, wohnungspolitische und bodenpolitische Ziele möglichst passgenau umzusetzen“, erläutert Bruno Gramich, Leiter des Amtes für Liegenschaften und Wohnungswesen.

Zur Pressemitteilung der Stadt Freiburg

Bild: Freiburger Münster
Quelle: Pixabay/Couleur

Aktuelles

Alle ansehen

Wir machen Weihnachtsurlaub

Müssen Erbbaurechte sozial sein?

Ohne Erbbaurecht keine EM: Vier von zehn EM-Stadien stehen auf Erbbaurechtsgrundstücken

Das Erbbaurecht als Instrument der kommunalen Bodenpolitik