Die westfälische Stadt Münster definiert in dem 2014 beschlossenen Konzept „Sozialgerechte Bodennutzung Münster“ wohnungs- und sozialpolitische Ziele. Der Leiter des 300 Mitarbeiter zählenden Münsteraner Immobilienmanagements, Andreas Nienaber, stellt die Bedeutung des Erbbaurechts innerhalb dieses Konzepts vor. So kommt in der Münsteraner Innenstadt und bei strategisch wichtigen Grundstücken in der Nachbarschaft von Schulen und Kitas nur noch das Erbbaurecht zum Einsatz, auch Grundstücke für Mehrfamilienhäuser mit öffentlich gefördertem Wohnraum werden ausschließlich per Erbbaurecht vergeben.
ErbbauZ: Herr Nienaber, könnten Sie bitte zunächst die programmatischen Grundlagen darstellen, auf denen die Immobilienpolitik der Stadt Münster ruht?
Nienaber: Die Stadt Münster verfolgt eine ganzheitliche Immobilien- und Bodenpolitik mit dem Ziel, bezahlbares Wohnen auch in urbanen Quartieren zu schaffen. Zugrunde liegt die Überzeugung, dass das Gemeinwohl im Vordergrund stehen muss und dass der freie Markt mit seiner Gewinnorientierung nicht dazu beiträgt, langfristig Wohnen für alle bezahlbar zu machen. In Münster ist daher die Steuerung über die Eigentumsfunktion zentral, unabhängig von der Steuerung über das Planungsrecht. Der vorgelagerte Bodenmarkt muss in eine strategische Planung einbezogen werden. Denn nur mit dieser gezielten liegenschaftlichen Steuerung besteht überhaupt die Chance, bezahlbaren Wohnraum nachhaltig verfügbar zu haben. Die Stadt Münster hat dafür ein umfangreiches „Handlungskonzept Wohnen“ entwickelt, das den Rahmen bildet für die gesamte Wohnungs- und Baulandpolitik in Münster. Zentraler Bestandteil ist die sogenannte „Sozialgerechte Bodennutzung Münster“ (siehe Kasten), die den Umgang mit dem wertvollen Gut Boden regelt und durch die die Stadt Münster Flächen ankauft und zu Bauland entwickelt. Neben dem Ankauf neuer Flächen, um Bauland zu schaffen, ist die Art der Vergabe von Grundstücken als zweite Säule genauso relevant, um langfristig die Steuerung zu behalten.
ErbbauZ: Welche Rolle kommt denn innerhalb dieses Konzepts dem Erbbaurecht zu?
Nienaber: Die Vorteile des Erbbaurechts gegenüber dem Verkauf liegen auf der Hand: Grundstücke werden nur für eine bestimmte Dauer zur Nutzung vergeben, zum Beispiel für 60 Jahre, und fallen dann zurück an die Kommune oder die weitere Nutzung wird vertraglich neu geregelt. Die Kommune behält so ihre Steuerungsmöglichkeit, was insbesondere für öffentlich geförderten Wohnraum von Bedeutung ist. Über das Erbbaurecht besteht zudem Möglichkeit, stadtentwicklerisch sinnvolle Nutzungen zielgerichtet und dauerhaft zu steuern. Die Stadt Münster hat das Erbbaurecht 2019 mit einem Beschluss des Rates gestärkt. Damit werden Grundstücke im innerstädtischen Bereich grundsätzlich nur noch im Erbbaurecht vergeben, zu wichtig sind solche Flächen für Nutzungen in der Zukunft. Auch Mehrfamilienhausgrundstücke, die öffentlich geförderten Wohnraum bieten, werden nicht mehr verkauft. Hier soll eine langfristige Förderung sichergestellt werden. Entweder fallen die Grundstücke nach 60 Jahren an die Stadt zurück – der Eigentümer enthält dann eine Entschädigung für das Gebäude. Oder Stadt und Eigentümer verlängern den Erbbaurechtsvertrag und verhandeln ggf. neu über geförderten Wohnraum. Auch bei strategisch wichtigen Grundstücken, zum Beispiel solchen, die neben Kitas oder Schulen liegen und perspektivisch für künftige Erweiterungen benötigt werden könnten, wird in Münster nur noch das Erbbaurecht angewandt. Nur klassische Einfamilienhausgrundstücke sowie Flächen für freifinanzierte Mehrfamilienhausbebauung werden weiterhin verkauft.
ErbbauZ: Nun ist ja gerade der Bau von Einfamilienhäusern kürzlich attackiert worden, Stichwort Flächenverbrauch. Was halten Sie von solchen Einwänden?
Nienaber: Einigkeit besteht sicherlich darüber, dass mit der Ressource Boden sparsam umgegangen werden muss, besonders in Großstädten. Ganz wird man aber nicht auf Einfamilienhäuser verzichten können. Besonders für Familien mit mehreren Kindern wird es weiter eine der bevorzugten Wohnformen bleiben. Was aber klar ist: Das Modell des freistehenden Einfamilienhauses hat ausgedient, zumindest in verdichteten Strukturen. Hier steht ein Umdenken an: Wie können Einfamilienhäuser flächensparend errichtet werden? Modelle gibt es viele, vom klassischen Reihenhaus über Atrium- und Kettenhäuser bis hin zu Wohnhöfen. Kommunen wie auch Münster müssen sich die Frage stellen, wie der verfügbare Boden möglichst effizient genutzt werden kann. In Münster entsteht dabei in neuen Baugebieten ein Mix aus Geschosswohnungsbau und platzsparenden Einfamilienhäusern, um möglichst viele unterschiedliche Wohnbedürfnisse abzudecken.
ErbbauZ: Wie kam es in Münster zu dem Schwenk in Richtung Erbbaurecht? Mit welchen Argumenten hat die Ratsmehrheit 2019 für das Erbbaurecht plädiert?
Nienaber: Zum einen ist hier die Spekulation des Gutes Boden zu nennen, die nicht nur in Münster, sondern in allen großen Städten in den letzten Jahren enorm in die Höhe gegangen ist. Verkaufte Grundstücke wurden mit weit höheren Preisen weiterverkauft, was dazu geführt hat, dass auch das Wohnen immer teurer wird. Gerade aber beim Boden, der nicht vermehrbar ist, ist dies eine Entwicklung, der sich die Kommunen unbedingt widersetzen müssen. Das Erbbaurecht ist ein Instrument, um eine solche Spekulationen mit dem Boden zu erschweren. Denn Weiterveräußerungen sind hier nur eingeschränkt möglich, da automatisch das Vorkaufsrecht des Erbbaurechtsgebers greift und die spekulativen Elemente sich im Wesentlichen auf das Gebäude reduzieren. Ein zweiter wichtiger Grund ist das Thema Bindungsfrist beim öffentlich geförderten Wohnungsbau. Beim Verkauf von Grundstücken fallen die Wohnungen nach Ende der Bindungsfrist, aktuell nach 30 Jahren, dem freien Wohnungsmarkt zu. Dann steigen die Mieten und die Kommune muss neue Wohnungen bauen, die gefördert werden, bis diese wiederum aus der Bindungsfrist fallen und teurer werden. Ein scheinbar endloses Spiel, das aber dadurch endlich wird, dass einfach nicht unbegrenzt Flächen verfügbar sind. Durch das Erbbaurecht kann eine Kommune diesen Kreislauf durchbrechen und mit dem Erbbaurechtsnehmer zum Beispiel eine Verlängerung der Bindungsfrist regeln. Die Verfügbarkeit von Grundstücken ist aber nicht nur für bezahlbaren Wohnraum wichtig. Es gibt auch Grundstücke, die durch ihre Lage strategisch wichtig für die Stadt Münster sind. Das können Grundstücke im unmittelbaren Innenstadtbereich sein, oder Grundstücke, die an soziale Infrastruktureinrichtungen wie Kitas oder Schulen angrenzen. Werden diese Flächen verkauft, sind sie zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr verfügbar, eine Vergabe der Grundstücke im Erbbaurecht ermöglicht hingegen an diesen Stellen besser eine spätere Erweiterung oder Umnutzung der sozialen Infrastruktur.
ErbbauZ: Die Bodenspekulation, die Sie ansprechen, stellt in Ballungsräumen bauinteressierte Normalverdiener bekanntermaßen vor hohe Hürden. Wie sollte Ihres Erachtens eine städtische Immobilienpolitik sich generell gegenüber der Bodenverteuerung positionieren?
Nienaber: Naturgemäß bevorzugen Investoren und Investorinnen den Kauf von Grundstücken. Dennoch gibt es Modelle im Erbbaurecht, die auch für Investoren interessant sind. Wenn Kommunen ihre Grundstücke per Erbbaurecht vergeben und so ihre Steuerungsmöglichkeit über den Boden behalten wollen, müssen die Bedingungen des Erbbaurechts auch für Investoren attraktiv sein. In Münster wird daher der Mindestsatz bei Zeitablauf zum Beispiel von den üblichen 2/3 auf 90 Prozent angehoben und es werden den Investoren attraktive Erbbauzinsen angeboten. Im öffentlich geförderten Wohnungsbau liegt dieser aktuell bei 1,5 Prozent, im frei finanzierten Wohnungsbau bei 2,5 Prozent. Wir haben in Münster bei unseren Ausschreibungen gemerkt, dass sich Investoren auf diesen Markt und die Bedingungen einstellen. Auf unsere Ausschreibungen für Mehrfamilienhausgrundstücke im Erbbaurecht gab es bisher zumindest immer genügend Interesse.
ErbbauZ: Lässt sich auch das Interesse von Normalverdienern am Erbbaurecht irgendwie stärken?
Nienaber: Bei Erbbaurechten für Einfamilienhausgrundstücke nimmt die Bedeutung aktuell sprunghaft zu, Verkäufe geraten sogar in den Hintergrund. Ein Grund ist sicherlich die Frage der Finanzierbarkeit für Privatpersonen. Mit einem Erbbaurechtszins von 2,5 % ist für viele Nutzer in der aktuellen Zinssituation ein Erbbaurecht und damit der Traum vom Eigenheim einfacher zu realisieren als ein Kauf. Und eine Besonderheit, die in Münster eingeführt wurde, minimiert auch die Risiken des Erbbaurechts. In Münster haben Erbbaurechtsnehmer und -nehmerinnen die Möglichkeit, statt der fortlaufenden Zahlung des Erbbaurechtszinses zu Beginn des Vertrages eine Einmalzahlung zu leisten. Diese beträgt 80 Prozent des festgesetzten Kaufpreises. Nicht nur mit dem bis vor kurzem günstigen Kapitalzins ist diese Variante für viele attraktiv. Auch entfällt die Unsicherheit bezüglich möglicher Indexanpassungen während der Laufzeit sowie die Sorge, in der Rentenphase ggf. Probleme mit den Zahlungen zu bekommen. Und auch für die Kommune hat die Einmalzahlung Vorteile, der Verwaltungsaufwand ist um ein Vielfaches geringer.
ErbbauZ: Versuchen Sie, Ihre wohnungspolitischen Ziele in Münster auch auf anderem Wege als über die Vergabe von Erbbaurechten zu erreichen?
Nienaber: Das Erbbaurecht ist sicher nur eines von vielen Instrumenten, die genutzt werden müssen, um in einer Stadt wie Münster bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und auch langfristig zu sichern. Die Landes-Förderungen von Wohnraum sind hier natürlich enorm wichtig. Wir versuchen aber auch konzeptionell, unsere Ziele zu erreichen, indem wir zum Beispiel explizit gemeinschaftliche Wohnformen fördern. In jedem Baugebiet wird es für Wohnbau-Genossenschaften, inklusive und soziale Wohnprojekte, Miethäusersyndikate oder andere Baugemeinschaften, die gemeinwohlorientiertes Wohnen ermöglichen, Grundstücke geben. Voraussetzung ist immer ein Anteil öffentlich geförderter Wohnungen. Gemeinschaftliche Wohngruppen können übrigens wählen, ob sie das Grundstück dann kaufen oder im Erbbaurecht übernehmen wollen.
ErbbauZ: Um auf das Problem der gestiegenen Bodenpreise zurückzukommen: Wie gehen Sie damit bei der Verlängerung von Erbbaurechten um?
Nienaber: Wir gehen immer vom aktuellen Bodenwert aus. Sollte es große Abweichungen vom aktuellen Bodenwert geben, muss auch der Erbbaurechtsvertrag bei einer Verlängerung angepasst bzw. neu gestaltet werden. Grundsätzlich führen wir rund zwei bis drei Jahre vor Ablauf eines Erbbaurechtsvertrages Gespräche, ob und zu welchen Bedingungen das Erbbaurecht verlängert werden kann. Unreflektierte Verlängerungen gibt es bei uns nicht.
ErbbauZ: Abschließend eine weitere Frage aus der Praxis: Welche Entschädigung zahlen Sie beim Auslaufen von Erbbaurechtsverträgen?
Nienaber: Die Entschädigungshöhe beträgt aktuell beim Ablauf eines Erbbaurechtsvertrages generell 90 % des Verkehrswerts. Bei einem Heimfall, der während eines laufenden Vertrags erfolgt, gibt es unterschiedliche Regelungen, bei Spezialimmobilien ist dies je nach Weiterverwendungsmöglichkeit meist zwischen 0 und 50 %, bei Wohnen ist die Höhe mit 2/3 vorgegeben.
ErbbauZ: Haben Sie vielen Dank, Herr Nienaber, für dieses Gespräch und für den Einblick in die Liegenschaftspolitik der Stadt Münster!
Andreas Nienaber, geboren 1958 in Bocholt, studierte Geodäsie an der TH Aachen und der Universität Bonn und absolvierte sein Referendariat beim Land Nordrhein-Westfalen. Er ist diplomierter Geodät und war bis 2008 Fachbereichsleiter Grundstücks- und Bodenwirtschaft der westfälischen Stadt Bocholt. Seit 2008 leitet er das Amt für Immobilienmanagement in Münster. Er ist Mitglied der Fachkommission Liegenschaften des Deutschen Städtetages und des Arbeitskreises Gebäude- und Immobilienwirtschaft des Städtetages NRW, außerdem stellvertretender Vorsitzender des Forums Baulandmanagement NRW und Mitglied mehrerer Umlegungsausschüsse und eines Gutachterausschusses. Er beschäftigt sich seit 25 Jahren mit bodenpolitischen Themen und ist Mitverfasser der Bodenpolitischen Agenda 2020 – 2030 des vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. und des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu).
Die Sozialgerechte Bodennutzung Münster (SoBo Münster)
Der Rat der Stadt Münster hat 2014 mit dem Konzept der Sozialgerechten Bodennutzung Münster (SoBo Münster) den Weg dafür geebnet, es der Stadt zu ermöglichen, die kommunale Planungshoheit beim Bauland auszuüben. Das Modell gibt unterschiedliche Regelungen für den innerstädtischen Bereich und für die großen Außenbereiche vor, bei denen immer auch die privaten Akteure in die Verantwortung genommen werden. Mit diesem Modell hat sich die Stadt Münster zum Ziel gesetzt, für alle ihre Bürger lebenswert zu bleiben. Dabei sollen folgende sozial- und wohnungspolitische Ziele erreicht werden:
- Ausreichend Bauland für öffentlich gefördertes und förderfähiges Wohnen, Zugang zu Immobilieneigentum für breite Kreise der Bevölkerung,
- Angemessene Wohnraumversorgung für Menschen mit Behinderungen, Senioren und Seniorinnen sowie Menschen mit Migrationsvorgeschichte,
- Urbane, sozial gemischte Wohnquartiere für verschiedene Ziel- und Einkommensgruppen mit neuen gemeinschaftlichen Wohnformen,
- Ökologische Verbesserung durch Verringerung der Pendlerströme und durch energetisch optimiertes Bauen.
Im Innenbereich der Stadt, dort also, wo bereits Baurecht besteht, es aber noch zu Wohnzwecken geändert oder erweitert werden muss, müssen sich die Eigentümer und Eigentümerinnen verpflichten, mindestens 30 % öffentlich geförderten und 30 % förderfähigen Wohnraum zu errichten und 30 % der Einfamilienhäuser nach städtischen Vergabekriterien zu vergeben. In den Außenbereichen der Stadt greift ein liegenschaftspolitischer Ansatz: Neues Baurecht für Wohnzwecke entsteht nur dann, wenn die Stadt mindestens 50 % der Fläche erworben hat. Dabei werden die Ankaufspreise in fairen Verhandlungen mit den Eigentümern der Grundstücke transparent und nachvollziehbar ermittelt. Basis ist der jeweilige Bodenrichtwert, von dem sämtliche im Rahmen der Baulandentwicklung entstehenden Kosten abgezogen werden. Nach diesem sogenannten Residualwertverfahren entsteht nach Abzug dieser Kosten ein Residuum, das dem Ankaufspreis entspricht. Ziel der Stadt ist es dabei nicht, Gewinne zu erzielen, sondern auf die sogenannte „schwarze Null“ zu kommen. Ein gegebenenfalls verbleibender privater Flächenanteil kann – nach Kostenbeteiligung an der Baulandentwicklung – privat vermarktet werden. Die Verkäufer privater Flächen unterstützen das städtische Modell – ein Großteil verkauft seine Flächen zu 100 % an die Stadt und verzichtet ganz auf eine eigene private Entwicklung und Vermarktung. Seit 2014 hat die Stadt Münster so mehr als 100 ha künftiges Bauland angekauft, darunter vier große Baugebiete in den Außenbezirken. In den kommenden Jahren sollen auf den angekauften Flächen mehr als 6.000 Wohneinheiten entstehen. Vergeben werden die Grundstücke dann nach festgelegten transparenten Kriterien. Bei Einfamilienhausgrundstücken sind dies vor allem soziale Aspekte: Die Anzahl der Kinder, pflegedürftige Angehörige, das Engagement im Ehrenamt, die Größe der aktuellen Wohnung oder auch die Nähe zum Arbeitsort haben Einfluss darauf, wer ein Grundstück erhält. 70 % der Grundstücke eines Baugebietes erhalten dabei Bewerber mit einem Einkommen, das die Einkommensgrenze des sozialen Wohnungsbaus um maximal 30 % überschreitet. Die restlichen 30 % gehen an Bewerber, deren Einkommen um mehr als 30 % höher liegt. Verkauft werden die Grundstücke zu einem gegenüber dem freien Markt vergünstigten Festpreis. Dieser liegt durchschnittlich 20 % unterhalb des Bodenrichtwertes. Der festgelegte Basispreis verringert oder erhöht sich zudem je nach Einkommen und Anzahl der Kinder. Diese Kriterien sollen vor allem sicherstellen, dass diejenigen Familien eine Chance auf ein Eigenheim erhalten, die auf dem freien Markt kaum eine hätten. Dabei geht die Entwicklung vom freistehenden Einfamilienhaus hin zu verdichteten Strukturen wie Reihenhäusern oder Wohnhöfen, um die vorhandenen Flächen möglichst gut zu nutzen. Auch Grundstücke für Mehrfamilienhäuser werden in Münster nicht mehr nach Höchstgebot sondern per Festpreis vergeben. Ein Entscheidungskriterium ist hier das sogenannte Gebot auf Startmiete. Dabei erhält diejenige Investorin den Zuschlag, die die niedrigste Startmiete bietet. Dass auch die sogenannte zweite Miete kostengünstig bleibt, wird durch Vorgaben bei den Energiestandards gewährleistet. So ist in Münster der Gebäudeenergiestandard „KfW Effizienzhaus 40“ seit Oktober 2021 Pflicht. Kommunale Selbstverpflichtung bei der Vergabe städtischer Mehrfamilienhausgrundstücke ist es darüber hinaus, dass mindestens 60 % der Nettowohnfläche geförderter Wohnraum sind. Geprüft wird außerdem bei jeder Vergabe, ob die Mietpreisbindung über die gesetzlich vorgegebene Dauer von 25 oder 30 auf 40 Jahre erhöht werden kann. Ein weiteres Instrument bei der Vergabe von Grundstücken ist die Konzeptvergabe. Es handelt sich dabei um Ausschreibungsverfahren, in denen die Qualität der eingereichten Konzepte anhand von festgelegten Kriterien (soziale, räumliche und technische Innovationen) bewertet wird. Dabei werden die Grundstückspreise zu Beginn des Verfahrens gutachterlich ermittelt und in der Regel auf dieser Basis fixiert.
Erschienen in: ErbbauZ 2023/2