Verena Örenbas: „Erbbauzinsen sollten bei der Ermittlung des zu versteuernden Haushaltsjahres-einkommens berücksichtigt werden“

5 - Foto Verena Örenbas

Verena Örenbas tritt ein für eine steuerliche Förderung des Erbbaurechts, für Obergrenzen von Erbbauzinsen, etwa über eine Kopplung an den örtlichen Mietspiegel, und für eine soziale Staffelung von Erbbauzinsen.

Frau Örenbas, Sie sind seit diesem Frühjahr Bundesgeschäftsführerin des Verbands Wohneigentum und stehen damit – Stichworte Wohnungsbaukrise und Klimapolitik – gewissermaßen im Zentrum der deutschen Politik. Ist das eine angenehme Position?

Es ist eine herausfordernde, aber auch sehr erfüllende Position. Die Themen, die Sie ansprechen, betreffen Millionen von Menschen in Deutschland direkt und haben weitreichende Auswirkungen auf unser tägliches Leben und die Zukunft unseres Landes. Die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung von Lösungen zu arbeiten und die Interessen der Wohneigentümer und -eigentümerinnen zu vertreten, ist eine große Verantwortung, die ich sehr ernst nehme. Natürlich gibt es viele schwierige Diskussionen und oft widersprüchliche Interessen, aber gerade das macht die Aufgabe so spannend. Zudem gibt mir diese Position die Möglichkeit, eine Brücke zwischen der Politik und den Bedürfnissen der Bürger zu schlagen und sicherzustellen, dass die Anliegen der Menschen mit Wohneigentum Gehör finden.

Wie würden Sie momentane Lage der von Ihnen vertretenen etwa 320.000 selbstnutzenden Familien mit Wohneigentum beschreiben?

Die momentane Lage ist durch vielfältige Herausforderungen gekennzeichnet. Zum einen sehen wir steigende Energiekosten und einen zunehmenden Druck durch die Anforderungen der Klimapolitik, die erhebliche Investitionen in die Gebäudesanierung und Heizungsmodernisierung erfordern. Zum anderen kämpfen viele Eigentümer mit den Folgen der Wohnungsbaukrise, wie steigenden Baukosten und einem angespannten Immobilienmarkt. Die Unsicherheiten durch weltweite politisch-krisenhafte Entwicklungen und die wirtschaftliche Lage tragen zusätzlich zur Belastung bei. Viele unserer Mitglieder sind besorgt im Hinblick auf die Zukunft und fürchten auf sie zukommende finanzielle Anforderungen, die sie überfordern. Dennoch gibt es auch positive Aspekte, wie das wachsende Bewusstsein für nachhaltiges Wohnen und die Möglichkeiten, durch Förderprogramme Unterstützung zu erhalten.

Ist diese Krise Schicksal oder ist sie politisch verursacht?

Die Ursachen der aktuellen Krise im Wohnungsbau sind vielschichtig. Ein wesentlicher Faktor ist der langjährige Rückstand im Wohnungsbau, der auf eine unzureichende Anzahl an Neu- und Umbauten zurückzuführen ist. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum, insbesondere in Ballungsgebieten, trifft auf ein begrenztes Angebot, was die Preise in die Höhe treibt. Hinzu kommen steigende Baukosten durch teurere Materialien und höhere Lohnkosten in der Baubranche. Die Klimapolitik und die damit verbundenen Anforderungen an Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen führen zu weiteren Kostensteigerungen. Auch die bürokratischen Hürden und langwierigen Genehmigungsverfahren tragen zur Verzögerung von Bauprojekten bei. Schließlich spielen auch wirtschaftliche Unsicherheiten und Finanzierungsfragen wie gestiegene Zinsen eine Rolle, die Investitionen in den Wohnungsbau erschweren.

Kurzporträt Verband Wohneigentum e. V.

Der Verband Wohneigentum e. V. ist der bundesweit größte gemeinnützige Verbraucherschutzverband für selbstnutzende Wohneigentümer. Er vertritt und berät rund 320.000 Mitgliedsfamilien, die im Eigenheim oder einer Eigentumswohnung leben. Ziel des Verbands ist es, Menschen bei Erwerb, Erhalt und Gestaltung eines zukunftsfähigen, familiengerechten, klima-freundlichen und gesunden Wohnraums zu unterstützen. Für dieses Thema engagiert sich der Verband in Politik und Gesellschaft. Neben der Interessenvertretung informiert und berät er unabhängig zu allen Fragen rund um die eigene Immobilie: Bauen, Sanieren, Recht, Finanzen und naturnahes Gärtnern. Über die Einzelimmobilie hinaus befasst sich der Verband Wohneigentum mit nachhaltigen Siedlungs- und Quartiersentwicklungen.

Welche drei oder vier Maßnahmen würden Sie der Bundesregierung im Interesse der Wohnungseigentümer heute empfehlen?

Ich hätte im Wesentlichen vier Vorschläge: Zunächst würde ich mich einsetzen für den Ausbau und die langfristige Etablierung eines umfassenden Förderprogramms zur energetischen Sanierung von Bestandsbauten. Die energetische Sanierung von Bestandsbauten ist eine zentrale Maßnahme, um die Klimaziele zu erreichen und gleichzeitig die Energiekosten für Wohneigentümer zu senken. Sanierungsrate und -tie- fe müssen gesteigert werden, hier muss eine Dynamik entfacht werden. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste die Sanierungsquote bei 2 % der Bestandsgebäude liegen. Aktuell ist sie eher im Sinkflug und erreicht nicht einmal mehr 1%.

Ein wichtiger Hebel wäre hier ein erweitertes Förderprogramm, das nicht nur finanzielle Anreize, sondern auch technische Unterstützung umfasst und den Eigentümern und Eigentümerinnen den Zugang zu neuesten Technologien erleichtert. Existierende Fördermodelle müssen langfristig verlässlich und auskömmlich ausgestattet sein, damit selbstnutzende Wohneigentümer diese nutzen und ihre Investitionsentscheidungen auf lange Sicht planen können.

Ein zweiter Punkt wäre die Reduzierung bürokratischer Hürden bei Bau- und Sanierungsvorhaben. Die aktuelle Bürokratie bei Bau- und Sanierungsvorhaben stellt eine erhebliche Hürde dar, die oft zu Verzögerungen und erhöhten Kosten führt. Eine Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren könnte die Bauaktivitäten erheblich ankurbeln und somit zur Linderung der Wohnungsnot bei- tragen. Schnellere und effizientere Genehmigungsverfahren würden nicht nur den Bau neuer Wohnungen und den Umbau fördern, sondern auch die Sanierung bestehender Gebäude erleichtern.

… und Ihr dritter und vierter Vorschlag?

Meine dritte Anregung wäre, dass sich die Regierung für die Bereitstellung von bezahlbaren Finanzierungsmöglichkeiten und für die Förderung von Wohneigentum einsetzen sollte. Bezahlbare Finanzierungsmöglichkeiten sind elementar für Familien und Menschen mit geringeren Einkommen, die Schwierigkeiten haben mit den hohen Anfangsinvestitionen für Erwerb und Sanierung von Wohneigentum. Niedrigzinskredite und spezielle Förderprogramme könnten hier eine wichtige Unterstützung bieten. Die bestehenden Förderungen sind an dieser Stelle nicht ausreichend und müssen auf weitere Einkommensgruppen ausgedehnt werden. Spezielle Förderkredite für ältere Kreditnehmer, junge Familien und einkommensschwache Haushalte, die nicht nur den Erwerb von Wohneigentum, sondern auch notwendige Renovierungs- und Sanierungsarbeiten unterstützen, sollten ausgebaut bzw. eingeführt werden. Diese Maßnahmen würden dazu beitragen, die finanzielle Belastung der Eigentümer zu reduzieren und den Erwerb und die Instandhaltung von Wohneigentum erschwinglicher zu machen.

Schließlich sollte speziell etwas getan werden für die Schaffung von Wohnraum in Ballungsgebieten. Die Wohnungsnot in Ballungsgebieten ist ein drängendes Problem, das durch eine sinnvolle Nutzung von Brachflächen und die Umnutzung von Industriebrachen zeitnah angegangen werden sollte. Menschen mit Wohneigentum, die bereit sind zusätzlichen Wohnraum in ihren eigenen vier Wänden zu aktivieren, beispielsweise durch Vermieten einer Einliegerwohnung, sollten durch Beratung und Förderung unterstützt werden. Das Thema dieses ungenutzten Wohnraums erfährt in Fachkreisen aktuell eine große Beachtung. Hier gibt es Potential, das gestärkt werden könnte, natürlich immer auf Grundlage einer freiwilligen Entscheidung der Eigentümer.

Neben diesen vier Maßnahmen könnte die Bundesregierung auch erwägen, spezielle Steueranreize für Eigentümer einzuführen, die in die energetische Sanierung und den Ausbau ihres Wohnraums investieren. Darüber hinaus könnte die Schaffung von Beratungszentren für Wohneigentümer helfen, diese besser über die verfügbaren Förderprogramme und Finanzierungsmöglichkeiten zu informieren und sie bei der Planung und Durchführung von Bau- und Sanierungsprojekten zu unterstützen.

Insgesamt würde ein ganzheitlicher Ansatz, der finanzielle, technische und administrative Unterstützung bietet, dazu beitragen, die Herausforderungen im Wohnungsmarkt zu bewältigen und den Wohneigentümern in Deutschland langfristig stabile und nachhaltige Lebensverhältnisse zu sichern.

Ihr Verband stammt aus der Wohnungskrise nach dem Ersten Weltkrieg. Auch das Erbbaurecht geht in erheblichem Umfang auf diese Zeit zurück, es war ebenso wie die Etablierung von Siedlerkolonien eine Antwort auf den damaligen Wohnraummangel. Sehen Sie deshalb mit Sympathie auf das Erbbaurecht? Vielleicht auch deshalb, weil ja das Erbbaurecht auch heute eine Antwort auf das Problem der Wohnraumfinanzierung ist?

Ja, das Erbbaurecht hat historisch gesehen eine wichtige Rolle gespielt, um Wohnraummangel zu lindern und Menschen den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum zu ermöglichen. Auch heute kann das Erbbaurecht eine sinnvolle Alternative sein, insbesondere in Zeiten hoher Immobilienpreise. Es ermöglicht den Zugang zu Grund und Boden ohne die sofortige finanzielle Belastung des Kaufs, was für viele Familien und junge Menschen eine attraktive Option sein kann. Durch die langfristige Nutzung können soziale und gemeinschaftliche Strukturen gestärkt und gleichzeitig der Wohnraummangel bekämpft werden. Das Erbbaurecht ist ein wichtiges Instrument, das auch heute und in Zukunft Potential hat, zur Lösung aktueller wohnungspolitischer Herausforderungen beizutragen.

Ist die Lage eines Erbbaurechtsnehmers nicht heute eigentlich sogar attraktiver als die eines Wohneigentümers?

Das hängt natürlich stark von den individuellen Umständen ab. Erbbaurechtsnehmer profitieren von deutlich niedrigeren Anfangsinvestitionen, da sie das Grundstück nicht kaufen müssen. Dies ist besonders in Zeiten hoher Immobilienpreise und zunehmender Finanzierungsschwierigkeiten von Vorteil. Erbbaurechtsverträge bieten zudem oft langfristige Sicherheit und Planbarkeit, was für viele Menschen eine wichtige Rolle spielt.

Auf der Negativseite schlägt zu Buche: Erbbaurechtsnehmer haben weniger Flexibilität bezüglich der Nutzung und Veränderung des Grundstücks, da sie an die Bedingungen des Erbbaurechtsgebers gebunden sind. Neben den Kosten für die Finanzierung des Baus und der Instandhaltung des Hauses müssen sie regelmäßige Erbbauzinsen leisten, die über die Jahre steigen können. Wir beobachten derzeit als Verband einen zunehmenden finanziellen Druck auf Erbbaurechtsnehmer bei der Verlängerung von auslaufenden Verträge. Steigende Bodenrichtwerte und die Erhöhung der Erbbaurechtszinsen bei Vertragsverlängerungen führen oft dazu, dass Erbbaurechtsnehmer finanziell an ihre Grenzen stoßen.

Ein besonders gravierendes Beispiel: Erbbaurechtsnehmer, die früher 50 Euro monatlich zahlten, sehen sich plötzlich mit neuen Erbbauzinsen von 550 bis 1.100 Euro monatlich konfrontiert. Diese drastische Erhöhung kann eine Familie mit durchschnittlichem Einkommen finanziell überfordern.

Die Frage, ob ein neuer Erbbauzins angemessen ist, kann zwar nicht allein nach der individuellen finanziellen Situation beurteilt werden. Hier kommen allenfalls Aspekte der Vermeidung besonderer Härten infrage. Wir appellieren aber an die Erbbaurechtsgeber, im Sinne des ursprünglichen Zwecks des Erbbaurechts angemessene und sozial verträgliche Erhöhungen anzustreben. Bezahlbaren Wohnraum und Eigentum zu schaffen ist insbesondere heute eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Eine Erhöhung auf 1 bis 2 Prozent des Bodenrichtwertes halten wir aktuell für realistisch und gerechtfertigt.

Im Vergleich zu Erbbaurechtsnehmern haben Wohneigentümer volle Kontrolle über ihr Grundstück und können langfristig von der Wertsteigerung profitieren. Sie tragen jedoch auch die gesamten Kosten und Risiken der Finanzierung und Instandhaltung. Diese umfassende Verantwortung und die damit verbundenen Risiken müssen bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Beide Modelle – Erbbaurecht und Wohneigentum – haben ihre Vor- und Nachteile. Die Wahl zwischen den beiden hängt stark von den jeweiligen individuellen finanziellen Möglichkeiten und langfristigen Zielen ab. Es ist unerlässlich, beide Optionen sorgfältig zu prüfen und die eigenenPrioritäten und finanziellen Spielräume in die Entscheidung einzubeziehen.

Was würden Sie tun, um das Erbbaurecht attraktiver zu machen?

Leider ist es ja so, dass viele potentielle Erbbaurechtsnehmer sich der Vorteile und Bedingungen des Erbbaurechts nicht bewusst sind. Durch umfassendere Informations- und Beratungsangebote können mehr Menschen auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht werden und eine fundierte Entscheidung treffen.

Mir scheint also, dass die Akzeptanz und Nutzung des Erbbaurechtsmodells durch staatliche Förderprogramme und finanzielle Anreize erheblich gesteigert werden könnte. Diese Maßnahmen könnten nicht nur die finanzielle Belastung der Erbbaurechtsnehmer mindern, sondern auch dazu beitragen, dass mehr Menschen diese Möglichkeit in Betracht ziehen.

Ein wichtiger Ansatzpunkt für Förderprogramme ist die Unterstützung von Renovierungen und energetischen Sanierungen. Viele Erbbaurechtsnehmer stehen vor der Herausforderung, ihre Gebäude zu modernisieren und an aktuelle energetische Standards anzupassen. Hier helfen bestehende staatliche Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Solche Förderungen können nicht nur zur Reduzierung der Energiekosten beitragen, sondern auch den Wert der Immobilie langfristig steigern. Besonders im Hinblick auf die Energiewende und die Ziele des Klimaschutzes ist es wichtig, dass auch Erbbaurechtsnehmer Zugang zu Fördermitteln für energieeffiziente Maßnahmen haben.

Um dies allen zu ermöglichen, ist an eine Berücksichtigung der Erbbauzinsen bei der Ermittlung des zu versteuernden Haushaltsjahreseinkommens zu denken, dessen Höhe für manche Förderungen relevant ist. Erbbaurechtsnehmer müssen regelmäßig Erbbauzinsen zahlen, die ihre finanzielle Belastung erhöhen. Wenn diese Zinsen bei der Berechnung des verfügbaren Einkommens berücksichtigt würden, könnten Erbbaurechtsnehmer leichter Zugang zu weiteren staatlichen Unterstützungen erhalten. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass bei der Förderung des Heizungstausches, aber auch bei der Beantragung von Wohngeld oder anderen sozialen Leistungen die Erbbauzinsen als abziehbare Belastung anerkannt werden.

Außerdem wäre an eine Lockerung von Nutzungsvorgaben zu denken. Sie würde den Erbbaurechtsnehmern mehr Freiheiten einräumen, ihr Grundstück nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Dies könnte auch die Integration von modernen, nachhaltigen Bauweisen fördern.

In Lüneburg hat Ihr Verband sich jüngst in der Auseinandersetzung mit der Klosterkammer Hannover auf die Seite von Erbbaurechtsnehmern gestellt. Wo liegen Ihre Einwände gegen die Erhöhung von Erbbauzinsen, die trotz bedeutenden zwischenzeitlichen Anstiegs der Immobilienpreise über viele Jahrzehnte stabil geblieben sind?

Zunächst einmal ist das Erbbaurecht ein bewährtes Modell, das es vielen Menschen die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ermöglicht. Diese Modelle haben sich in vielen Städten und Gemeinden als wertvolle Instrumente zur Wohnraumschaffung und -sicherung erwiesen. Herausforderungen insbesondere im Hinblick auf die Erbbauzinsen können aber zu erheblichen finanziellen Belastungen für die Erbbaurechtsnehmer führen. Zum einen bei der Kopplung an den Verbraucherpreisindex (VPI) im Falle von hoher Inflation, aber auch bei Verträgen mit Kopplung an die Bodenrichtwerten, die nach langer Zeit beim Auslaufen des Vertrags angepasst werden.

Bei notwendigen Erhöhungen ist eine transparente und faire Anpassung der Erbbauzinsen geboten, um die finanzielle Belastung für Erbbaurechtsnehmer stabil zu halten und sozial verträglich zu gestalten.

Sinnvoll scheint mir die Festlegung klarer Obergrenzen für die Erhöhung der Erbbauzinsen. Diese könnten beispielsweise 1 bis 2 % des Bodenrichtwerts entsprechen, der regelmäßig überprüft und angepasst wird. So ließe sich ein unkontrolliertes Ansteigen der Erbbauzinsen verhindern, das für die Erbbaurechtsnehmerinnen und -nehmer bei einer Verlängerung untragbar wäre. Erbbauzinsen von 3 bis 6 % des Bodenrichtwerts entsprechen fast dem Finanzierungsaufwand bei Kauf des Grundstückes und sind daher abzulehnen.

Man könnte auch über eine Koppelung der Erbbauzinsen an den lokalen Mietspiegel nachdenken. Dies würde sicherstellen, dass die Anpassungen der Erbbauzinsen im Einklang mit den allgemeinen Mietpreisentwicklungen in der Region stehen und somit für die Erbbaurechtsnehmer nachvollziehbarer und gerechter wären.

Ein weiteres Modell könnte eine soziale Staffelung der Erbbauzinsen sein, bei der die Höhe der Zinsen auf Basis des Einkommens der Erbbaurechtsnehmer berechnet wird. Dies würde gewährleisten, dass die Belastung für Haushalte mit niedrigem Einkommen geringer ist, während wohlhabendere Haushalte höhere Zinsen zahlen. Auch könnte die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder im Haushalt oder pflege- bedürftige Personen in der Ermittlung eines Erbbauzinses einfließen.

Auf jeden Fall sollte es eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Erbbauzinsen durch unabhängige Stellen geben, um faire und gerechte Zinsen sicherzustellen. Dies könnte durch kommunale Behörden oder unabhängige Gutachter mit Blick auf die jeweilige wirtschaftliche Lage und Lebenshaltungskosten der Erbbaurechtsnehmer erfolgen.

Frau Örenbas, haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch!

Verena Örenbas ist seit Anfang April 2024 Bundesgeschäftsführerin des gemeinnützigen Verbands Wohneigentum mit Sitz in Bonn und Berlin. Der Verband Wohneigentum ist mit 320.000 Mitgliedern die bundesweit größte Interessenvertretung für selbstnutzende Eigentümerinnen und Eigentümer. Bevor Örenbas die Geschäftsführung übernommen hat, hat sie seit 2020 als Referentin für den Verband in der Bonner Bundes- geschäftsstelle gearbeitet. Davor war die 42-Jährige zuletzt für eine namhafte Unternehmensberatung tätig, bevor sie Mutter von drei Kindern wurde. Örenbas lebt mit ihrer Familie im Mehrgenerationenwohnen in einem Eigenheim in Bad Breisig bei Bonn.

Erschienen in ErbbauZ 2024

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